Im Reich der Kisten - Führung durch das Herbarium Hamburgense mit Oberkustos Dr. Matthias Schultz
11. Oktober 2024

Foto: BGHamburg/Christine Kreuzkam
Das Herbarium Hamburgense beherbergt eine international bedeutende wissenschaftliche Pflanzensammlung – und ist das drittgrößte Herbarium in Deutschland. Im Oktober wurden die Mitglieder unseres Fördervereins von Oberkustos Dr. Matthias Schultz durch die einmalige Sammlung geführt.
Von außen unsichtbar, versteckt hinter einer unscheinbaren Glastür, drei Stockwerke tief in die Erde hinein, liegt ein ganz besonderer Schatz der Botanischen Sammlungen der Universität Hamburg: Das Herbarium Hamburgense. Ca 1,8 Millionen Belege in tausenden von schwarzen Pappkartons werden hier auf mehreren Etagen und in ungezählten Regalmetern gelagert und stehen Forschenden aus aller Welt zur Verfügung.
Verantwortlich für diesen unermesslichen Schatz ist der Oberkustos Dr. Matthias Schultz, der die Gruppe von gut 20 Personen heute in ein paar Geheimnisse dieser ganz besonderen Unterwelt einführt.
Foto: Christine Kreuzkam
Los geht es noch zu ebener Erde, im sogenannten Technikraum. Hier werden die kostbaren Belege nach und nach digitalisiert. Schultz erklärt den Prozess, beschreibt auch die Herausforderungen, die so eine Mammutaufgabe mit sich bringt, vor allem in Zeiten knapper personeller Ressourcen, betont aber auch die Bedeutung der Digitalisierung. Denn die insgesamt über 4000 Typusbelege digital einer internationalen Forschergemeinschaft in Online-Datenbanken zur Verfügung zu stellen, ist natürlich von höchstem Wissenschaftlichen Wert. Das wird auch in den vermehrt auftretenden Nachfragen von Forschenden weltweit deutlich, die nun nach und nach auf die Bestände in Hamburg – zumindest digital – direkt zugreifen können.
Nach dieser kurzen Einführung geht es dann hinab. Drei Stockwerke tiefer geht die Gruppe einen schmalen Gang entlang. Rechts und links zweigen die deckenhohen Regalreihen ab, darüber die eingezogenen Gitterböden, die die Sicht auf ebenso viele Regalreihen in den Stockwerken darüber frei geben.
Es ist ein fast überwältigender Anblick, und die Vorstellung, dass hier in den Kisten Pflanzenbelege lagern, die Forschende vor zum Teil über 200 Jahren gesammelt haben, fasziniert. Wie sah die Flora damals aus? Welche Pflanzen wuchsen noch üppig, die heute längst ausgestorben sind? Welche Umweltbedingungen und Einflussfaktoren haben dazu geführt? Welche entscheidende Rolle spielte der Faktor Mensch und was lernen wir daraus für die Zukunft? Hier entstehen große Fragen vor kleinen Kisten, und kostbare Antworten liegen sorgsam gepresst und geklebt zwischen grauen Pappen.
Foto: Christine Kreuzkam
Es herrscht schließlich eine fast andächtige Stimmung, als die alten Belege sorgsam hervorgeholt und auf einem Tisch zwischen den abertausend Kisten dann zur Anschauung bereit gelegt werden. Anhand einer ganzen Reihe von Herbar-Belegen erläutert Matthias Schultz der Gruppe dann, wie die Arbeit mit und die Forschung an so einem Archiv konkret aussehen kann.
Denn das Herbarium Hamburgense ist eines der großen Forschungsherbarien in Deutschland und dient gleichermaßen als Referenzsammlung, Dokumentationszentrum und Forschungseinrichtung. Dabei steht es in enger Kooperation mit den Abteilungen Biodiversität, Evolution und Ökologie und Systematik und Evolution der Pflanzen am Fachbereich Biologie sowie dem Botanischen Garten der Universität Hamburg.
Als die Gruppe nach zwei mit Informationen und Geschichten randvoll gefüllten Stunden schließlich wieder an die Oberfläche steigt, ist deutlich, dass der Eindruck dieser Sammlung noch lange nachwirken wird - und welch unermesslicher, zu großen Teilen auch noch ungehobener Schatz hier unten lagert. Die Bedeutung von Herbarien in ihrer unverzichtbaren Funktion als Umweltarchiv und Ausgangspunkt elementarer Forschung zu Umweltveränderungen und Artenschwund hätte Dr. Matthias Schultz nicht anschaulicher darbieten können.
Wir Danken Dr. Matthias Schultz für seine Zeit und diese tiefen Einblicke in eine ganz besonderen Ort der Evolutions- Biodiversitätsforschung!
Mehr Informationen zum Herbarium Hamburgense finden Sie auch auf den folgenden Seiten: HERBARIUM HAMBURGENSE
Foto: Christine Kreuzkam